Modul 5: Schattenintegration (verborgene Teile zurückholen)

Systemfunktion: Ganzwerdung, emotionale Reintegration, Reduktion innerer Spannung

Ziel: Nicht nur der sein, den du zeigst – sondern auch der, den du versteckst.

Deine volle Kraft kommt nicht aus Kontrolle, sondern aus Integration.

Der Schatten ist nicht böse – er ist blockierte Energie

Carl Jung prägte den Begriff des „Schattens“ – als jene psychischen Anteile, die du nicht fühlen, zeigen, denken oder wollen darfst.

Nicht, weil sie falsch sind.

Sondern weil du (meist in der Kindheit) gelernt hast:

„Wenn ich das zeige, werde ich abgelehnt, beschämt, bestraft oder verlassen.“

Also entwickelst du ein starkes „Ich“, das gesellschaftlich, moralisch, familiär oder spirituell funktioniert – aber teure Eintrittskarten zahlt:

  • Verleugnung deiner Wut → Verlust deiner Durchsetzungskraft
  • Verdrängung deiner Traurigkeit → Verlust deiner Tiefe
  • Ablehnung deiner Schwäche → Verlust deiner echten Nähe
  • Verachtung deiner Gier → Verlust deiner Motivation
  • Unterdrückung deines Stolzes → Verlust deiner Präsenz

Schattenintegration bedeutet:

Du nimmst deine inneren Verbannten zurück in dein System – nicht, um sie zu feiern, sondern um sie zu führen.

1×/Woche: Schattenarbeit in zwei Stufen (15–20 Min)

Stufe 1 – Das Schattenjournal (Frage + Freischreiben)

Frage:

„Was lehne ich an anderen ab – weil ich es mir selbst nicht erlaube?“

Schreibe 5–10 Minuten völlig ungefiltert.

Nenne Namen. Emotionen. Gedanken. Wertungen. Vorwürfe.

Beispiel:

„Ich kann Menschen nicht ausstehen, die sich ständig ins Zentrum stellen. Die laut sind. Dominant. Kontrollierend. – Aber vielleicht will ein Teil von mir genau das – und ich erlaube es mir nicht.“

Diese Frage wirkt wie ein Spiegel für dein Schatten-Ich. Alles, was dich triggert, zeigt dir nicht nur „deren Dunkelheit“, sondern dein unterdrücktes Licht.

Stufe 2 – Die Rückholung (Benennen + Würdigen + Erlauben)

Gehe nach dem Schreiben 1:1 auf folgende drei Punkte ein:

1. Benennen

Was genau war die verborgene Qualität?

z. B. Dominanz, Emotionalität, Rücksichtslosigkeit, Selbstbezogenheit

2. Würdigen

Was ist der evolutionäre Sinn oder die Kraft dieser Eigenschaft?

z. B. Dominanz = Präsenz, Führung, Selbstwert

Emotionalität = Tiefe, Nähe, Integrität

3. Erlauben

Wie und wo darf ein gezähmter Teil davon wieder Platz haben?

z. B. „Ich darf laut sein, wenn ich Klarheit trage.“

„Ich darf Wünsche haben, auch wenn sie unvernünftig wirken.“

„Ich darf wütend sein, ohne unfair zu sein.“

Wichtig: Es geht nie darum, destruktives Verhalten zu rechtfertigen.

Es geht darum, das potenziell Gesunde im Verdrängten zu retten.

Beispiel einer Schattenintegration

Trigger: Ich verachte Menschen, die sich ständig feiern und für alles Anerkennung wollen.

Schatten: Ich selbst sehne mich nach Anerkennung, aber unterdrücke sie aus Angst, eitel zu wirken.

Würdigung: Der Wunsch gesehen zu werden ist menschlich. Er nährt Verbindung.

Erlaubnis: Ich darf stolz sein – wenn ich aus Tiefe handle.

Alternative Vertiefung (optional, 2×/Monat)

„Was unterdrücke ich, obwohl es lebendig ist?“

Nutze dazu:

  • Musik → Was lässt mich weinen, beben, wüten?
  • Bewegung → Lass deinen Körper zeigen, was du nicht sagst
  • Kunst / Ausdruck → Male, schreibe, tanze deinen Schatten

Messmethoden

MesswertMethode
Schattenbeobachtung / WocheJa/Nein → wurde Schattenarbeit gemacht?
Emotionsintensität bei EinsichtSkala 1–10 → Wie stark war die Reaktion auf das, was sichtbar wurde?

Tipp:

Notiere 1 Satz am Ende der Reflexion:

„Heute erkenne ich, dass ich auch … bin – und das ist okay.“

Wirkung & Transformationseffekte

  • Integrität statt Image: Du musst weniger steuern, weil du nichts mehr verstecken musst
  • Emotionale Tiefe: Du wirst wieder spürbar – für dich und für andere
  • Handlungsfreiraum: Du musst nicht mehr alles vermeiden – du entscheidest
  • Präsenz: Menschen spüren Authentizität – nicht Perfektion

Verbindung mit anderen Modulen

Modul/KapitelSynergie
Kap. 1 – Emotion LabelingVorarbeit: Benennung der verdrängten Emotion
Kap. 3 – Tiefe GesprächeResonanzmomente helfen, den Schatten in Beziehung zu integrieren
Kap. 7 – SelbstführungstagebuchSchatten taucht oft in Kompensationsfrage auf („Was habe ich vermieden?“)
Kap. 6 – IdentitätsachsenUrsprungsbild trägt oft den rohen Schattenanteil

Psychologische Tiefenquellen

  • Carl Jung – „Was du nicht lebst, wird dich beherrschen“
  • Wilber – Integrales Selbst: Jeder Aspekt gehört ins bewusste Ich, nicht ins Abseits
  • Brené Brown – Shame & Vulnerability:

    Was du nicht zeigen willst, kontrolliert deine Beziehungen
  • IFS (Internal Family Systems) – Das Selbst führt innere Anteile, statt sie zu unterdrücken

Zusammenfassung:

Schattenarbeit ist nicht Selbstoptimierung.

Es ist Selbst-Rückholung.

Nicht, um dunkler zu werden – sondern ganzer.

Facebook
Twitter
LinkedIn

Newsletter anmelden

Jetzt anmelden und kostenlos auf dem Laufenden bleiben.